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deadpan
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BeitragVerfasst am: Sa Dez 10, 2011 7:46 pm    Titel: SWTOR "Revan" Antworten mit Zitat



Ich hatte mich so lange auf dieses Buch gefreut und nachdem ich es gelesen habe, bin ich jetzt ein wenig traurig und auch desillusioniert.

ACHTUNG SPOILER!!!!!

"Revan" ist erst der äh, vierte Star Wars-Roman von Drew Karpyshyn, dem bekannten Spiele-Entwickler bei BIOWARE (Mass Effect I + II; und viel wichtiger: KotOR!!!), "in Universe" bekannt geworden durch eben "Knights of the Old Republic" und die Darth Bane-Trilogie ("Path Of Destruction", "Rule Of Two", "Dynasty Of Evil").

Für mich persönlich zählen die Darth Bane-Bücher (neben der "Republic Commando"-Reihe und sämtlichen anderen SW-Werken von Karen Traviss sowie der "Thrawn"-Trilogie von Timothy Zahn) zum Besten, was es innerhalb der Buchwelten des Expanded Universe zu entdecken gibt. Beschrieben wird die Galaxis aus der Sicht und Wahrnehmung der Sith, unter Zugrundelegung des Sith-Code und seiner unausweichlichen Logik und Verankerung in den Naturgesetzen, wie es in dieser (realen) Welt wohl nur auf die Lehren Nietzsches, diverser altertümlicher Geheimkulte sowie zeitgenössischer Ausprägungen des Left Hand Path zutrifft.

"Revan" ist mehr eine Rückkehr zu KotOR denn ein SWTOR-Roman. Die Handlung beginnt zunächst drei Jahre nach dem Sieg über Darth Malak und der Schlacht um die Star Forge. Revan ist mittlerweile mit Bastila Shan verheiratet, beide werden nach ihrer vorübergehenden Wendung zur Dunklen Seite und anschließenden Rückkehr zum Jedi Orden vom selben als offiziell akzeptierte Paria behandelt und haben beschlossen, den Rest ihrer Tage in Ruhe auf Coruscant zu verbringen. Die Ruhe wird alsbald getrübt von häufig wiederkehrenden Visionen Revans um einen geheimnisvollen, sturmgepeitschten Planeten irgendwo jenseits des Outer Rim, auf welchem eine geheimnisvolle Bedrohung darauf wartet, die sich nach wie vor von den "Old Sith Wars" und dem "Jedi Civil War" erholende Republik heimzusuchen. Revan sucht seinen alten Freund (und zukünftigen Mand'alor) Canderous Ordo auf, um der Sache auf den Grund zu gehen. Just, als ihm seine Frau Bastila Shan ihre Schwangerschaft offenbart...

Thematisch schließt "Revan" die Lücke zwischen zwei Handlungsbögen: Der Roman überbrückt die Ereignisse zwischen der Handlungsebene des BIOWARE-Spiels KotOR und des Obsidian-Spiels KotOR II und schafft dabei die Ausgangslage der grob 300 Jahre später stattfindenden Handlung des MMO "The Old Republic". Man erfährt eine Menge über die Abstammung von Satele Shan in der von Revan und Bastila Shan begründeten Ahnenreihe, sowie über die noch geheimnisvollere Herkunft des sogenannten "Sith Emperor" namens "Lord Vitiate", dessen "resurgent Sith Empire" nach dem "Great Hyperspace War" 1000 Jahre zuvor ein Überbleibsel des alten Sith Empire darstellt. Die Vergangenheit des Sith Emperor, seine Rolle und Verwicklung in die vergangenen galaktischen Konflikte sowie das Geheimnis seiner Unsterblichkeit entpuppen sich bald als äußerst verstörend und machen deutlich, welche Bedrohung das "resurgent Sith Empire" tatsächlich für die Republik sein wird. Und man erfährt auch, warum Revan 300 Jahre später überhaupt noch lebt.

Wer wie ich ein Befürworter und Nutzer der Dunklen Seite ist und auf eine Rückkehr des Eroberers Darth Revan, Meister von Darth Malak hofft, wird enttäuscht werden. Revan ist ein physisch und psychisch gealterter Veteran, vom Jedi Orden geächtet, der eigentlich nur in Ruhe alt werden und für seine Familie sorgen möchte. Er ist sowohl "light side"- als auch "Dark Side"-Nutzer, der beide Seiten der Macht einzusetzen weiß. Das bedeutet unweigerlich, daß ihm die "Coolness" und Genialität eines Darth Bane mangeln - Revan ist definitiv kein Sith, kein psychisch autarker Eroberer, skrupellos, von Leidenschaft und Kalkül gelenkt. Er ist ein Familienmensch und Vater, von der Tragik vorgefügter Umstände gezwungen, um die Zukunft seiner Familie und der Republik zu kämpfen, in deren Dienst er sich gestellt hat. Zusammen mit Canderous Ordo und Meetra Surik (der aus KotOR II bekannten "Jedi Exile") stellt er sich dem Sith Empire in den Weg, in dem Wissen, daß sein Kampf aussichtslos und seine persönliche Niederlage unvermeidbar sein werden. Er kämpft eine Schlacht auf Zeit in dem Bestreben, den Kriegszug des Empire gegen die Republik noch um weitere Jahrzehnte hinauszuzögern, seiner Frau die Zeit gebend, ihr Leben zu leben; seinem Sohn die Zeit gebend, ein starker Krieger zu werden.

In diesem Schicksal-Aspekt liegt auch die Tragik, die Traurigkeit des Buches. Es ist eine Zeit der Abschiede, der Gewissheit, daß es nach all den apokalyptischen Kriegen der Vergangenheit auch in Zukunft niemals Frieden geben kann. Ein Abschied der Illusionen. Hier wird über den Verlauf von Millennnia entschieden.

Vieles wird enthüllt: Man erfährt einiges über die "Jedi Exile" Meetra Surik; die Geschichte, wie Canderous Ordo letztendlich Mand'alor wird und wie die Mando'ade den Kataklysmus von Malachor V verarbeiten, und warum das Sith Empire überhaupt 300 Jahre später gegen die Republik zu Felde zieht. Es gibt Geschichten mit den Mandalorianern, die kri'gee statt ne'tra gal trinken (Karen Traviss wäre stolz) und einen spannenden Nebenplot über die Machtkämpfe der Sith im Dark Council auf Dromund Kaas, der Hauptwelt des Sith Empire.

Dromund Kaas ist auch eine zentrale Welt in SWTOR, Sitz der Zitadelle des Sith Emperor und des Dark Council. Neben unserem Titelhelden [der eigentlich die ganze Zeit nur voll auf die Fresse kriegt bzw. alle möglichen Prometheus-Leiden (ja, "Prometheus" trifft es ganz gut) als Spielball des Schickals erträgt, um dann am Schluß wieder "die Maske" anzulegen und in einer Katharsis von Heller & Dunkler Seite über sich hinauszuwachsen] gibt es als "Antihelden" den aufstrebenden Sith Lord Scourge, welcher auf Dromund Kaas als Vollstrecker des weiblichen Dark Councilers Darth Nyriss tätig ist.

Scourge erhält den Auftrag, im Rahmen einiger aufeinanderfolgender Attentatsversuche gegen Nyriss zu ermitteln. Trotz seiner herausragenden Eigenschaften als Kämpfer und seinem großen Potential in der Dunklen Seite mißfällt mir die etwas einseitige und klischeehafte Darstellung Scourges (wo Drew Karpyshyn mit seinen vergangenen Charakterzeichnungen von Sith doch soviel mehr an Feingefühl und Abwechslungsreichtum bewiesen hat!), der eine oftmals unnötig scheinende Grausamkeit an den Tag legt und trotz seiner unleugbar starken taktischen Fähigkeiten als Ermittler oft zu vorschnell und unklug handelt, was ihn in meinen Augen nicht wirklich sympathisch macht.

Um zum Schluß zu kommen: Die Welt der Sith gehört Drew Karpyshyn. Klar, in seinen Büchern ist nicht viel Platz für Humor; herzerweichende Romanzen oder sexuelle Anspielungen sucht man vergebens (obwohl, das Dreiecksverhältnis Githany--->Bane--->Zannah wird mich wohl über Jahre inspiriert halten), die familiäre Herzlichkeit bleibt Karen Traviss vorbehalten und für Intrigen sowie Sherlock Holmes-Akribie ist weiterhin Timothy Zahn zuständig - aber niemand beschreibt die Alltäglichkeit der "Dark Side of the Force" und ihre philosophischen Implikationen so gut wie DrewK. Sich in der siebten Form Juyo des Lightsaber Combat zu üben wird so alltäglich wie das Zubinden der Schuhe, im Handumdrehen wird ein Sandwich geschmiert, während man nebenbei eine lästige Söldnertruppe oder einen dummen Jedi mit Machtblitzen frittiert. Yeah!

Anzumerken bleibt, daß das Buch vorerst nur für Leute zu empfehlen ist, die wirklich Ahnung von Star Wars haben. Man sollte schon KotOR I + II kennen, die Comics und die TOR-Handlung, um zu wissen was abgeht und die zahlreichen Anspielungen zu verstehen. Ansonsten bleibt man mit Sicherheit außen vor.

"Anfängern" würde ich erstmal Darth Bane empfehlen, der ist auch unterhaltsamer und "cooler".


---------
Das nächste Buch, auf das ich mich tierisch freue, ist übrigens "Darth Plagueis", vor allem, nachdem ich die in "Revan" enthaltene Kurzvorschau gelesen habe! Astrein, James Luceno beschreibt in einem unglaublich gehobenen Sprachstil die inneren Welten der Sith aus der Sicht von Sidious und Plagueis; wenn das ganze Buch so gut ist wie die Leseprobe, dann Hut ab!
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trailblazer2
Metalflirter
Metalflirter


Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: Di Dez 13, 2011 12:42 am    Titel: Danke Antworten mit Zitat

Danke für das super Review, ich hab mich tatsächlich in das Forum geklickt um zu fragen ob jemand das Buch schon gelesen hat. Werde es mir wohl holen wenn es dann als Taschenbuch kommt, nachdem ich von KOTOR 1 begeistert, vom 2er aber doch eher verwirrt war.
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Plautze
Schlächtergilde
Schlächtergilde


Beiträge: 2444

BeitragVerfasst am: Di Dez 13, 2011 5:54 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Wie immer warte ich auch die deutsche Übersetzung. Gut Ding will Weile haben Wink
_________________
Da fallen mir die Plomben raus!
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deadpan
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BeitragVerfasst am: Di Dez 13, 2011 9:32 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für das Lob. KotOR I & II sind beides schon tolle Spiele, sie haben Star Wars weiterentwickelt. Aber TOR ist meiner Meinung nach der absolute Durchbruch, obwohl ich überhaupt kein "Gamer", geschweige denn ein Freund von MMOs bin.

Verfüge noch nichtmal über die Hardware, um das zu spielen. Aber ich habe (die englische Version) der Collector's Edition vorbestellt, und ich werde bei Gelegenheit mitmischen, falls mir meine umfangreichen täglichen Aufgaben irgendwann mal die Zeit erlauben.

Eine kleine Zerstreuung wird sicher dann und wann mal möglich sein.
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